Das Nash-Gleichgewicht in Kürze
Sie wollen nur kurz wissen, was das Nash-Gleichgewicht ist? Dann
sind Sie hier richtig.
Nash-Gleichgewicht - die Definition
Das Nash-Gleichgewicht ist eine Strategienkombination (siehe unten), in
der keiner der Spieler einen Anreiz hat, als Einziger von der
Gleichgewichtskombination abzuweichen.
Das Nash-Gleichgewicht ist damit eine Strategienkombination, die sich
nicht aus sich selbst heraus zerstört, sondern zu gewissem Grad stabil
ist - daher der Name Gleichgewicht.
Eine Strategienkombination heißt: Jeder Spieler wählt eine Strategie,
die Kombination all dieser Strategien führt zu einem Spielausgang.
Nash-Gleichgewicht - eine andere Definition
Völlig identisch zu der Definition von eben ist die folgende
Definition des Nash-Gleichgewichts: Im Nash-Gleichgewicht spielen alle
Spieler eine beste Antwort auf das Verhalten der Gegenspieler.
Weitere kurze Informationen zum Nash-Gleichgewicht
Das Nash-Gleichgewicht wurde Anfang der 50er Jahre von John Nash
entwickelt, das ist die Person, die im Film A Beautiful Mind dargestellt
wird.
Das Nash-Gleichgewicht war ursprünglich ein rein mathematisches
Konzept, das sich inzwischen aber zu einem zentralen Konzept in den
Sozialwissenschaften entwickelt hat.
John Nash hat für sein Gleichgewicht 1994 den Nobelpreis für
Wirtschaftswissenschaften erhalten, zusammen mit John Harsanyi und
Reinhard Selten. Diese beiden haben das Nash-Gleichgewicht weiter
verfeinert: Selten hat das teilspielperfekte und das perfekte
Gleichgewicht definiert, das sind zwei Verfeinerungen (Refinements), die
sozusagen nur robuste Nash-Gleichgewichte zulassen. Harsanyi ist besonders
bekannt geworden durch seine Methode, Spiele mittels des
Nash-Gleichgewichts lösen zu können, auch wenn die Spieler zunächst
nicht ganz sicher sind, ob sie dasselbe Spiel spielen oder ob die
Gegenspieler andere Regeln haben (Spiele mit unvollständiger
Information).
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Nash-Gleichgewicht
ausführlicher
Sie
wollen die lange Darstellung zum Nash-Gleichgewicht? Dann lesen Sie diese
Spalte.
Wenn die Spieler irgendwelche Vereinbarungen treffen, ohne dass die Regeln des
Spiels die Einhaltung garantieren, dann stellt sich automatisch die Frage, ob es
nicht vielleicht immer einen Spieler gibt, für den es sich lohnt, die
Vereinbarung zu brechen, um seine eigene Auszahlung zu erhöhen?
Behalten wir diese Idee
im Hinterkopf und sehen uns eine dem Eingangsbeispiel sehr ähnliche Situation
an (es handelt sich hierbei um eine vereinfachte Version des sogenannten Cournot-Spiels
(Cournot 1838 hat das Spiel zwar auf andere Weise
dargestellt, aber die Grundidee ist dieselbe)
):
Engagement auf dem Markt:
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Der Andere:
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a (gering)
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b (mittel)
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c (stark)
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1 (gering)
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(18,18)
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(15,19)
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(10,21)
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Wir:
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2 (mittel)
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(19,15)
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(16,16)
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(11,15)
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3 (stark)
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(21,10)
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(15,11)
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(9,9)
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Entscheidungssituation mit einem vernunftbegabten Gegenspieler.
Die Situation ist im
Prinzip die gleiche wie in Abbildung
1
, lediglich wird jetzt die ursprünglich anonyme Marktlage durch das Verhalten
genau eines Konkurrenten bestimmt, dessen Auszahlungen mit in die Tabelle
aufgenommen sind (an zweiter Stelle); es gibt jetzt also außer uns noch einen
weiteren Produzenten auf dem Markt. Nehmen wir für den Augenblick an, wir würden
unsere Firma nach dieser Periode schließen, damit wir mögliche Reaktionen des
Gegenspielers auf unser Verhalten unberücksichtigt lassen können (würde das
Spiel über mehrere Perioden gehen, dann wäre diese Matrix keine adäquate
Darstellung der Situation).
Nehmen wir hierzu an,
wir setzen uns vor dem Spiel mit "dem Anderen" zusammen und beschließen,
uns beide nur gering zu engagieren, weil dies den gemeinsamen Gewinn maximiert
(das heißt wir bilden ein Kartell
). Kann dies eine Lösung sein? Gesetzt den Fall, wir wissen genau, dass der
andere ein recht naiver Mensch ist und sich mit Sicherheit an die Abmachung hält,
was werden wir dann tun? (Machen Sie sich bitte klar: Die Frage ist, wie wir unseren
Gewinn maximieren; wie es dem anderen geht, interessiert uns nicht. Falls Ihnen
diese Annahme zu egoistisch erscheint, gedulden Sie sich noch bis Seite
37
.)
Da wir sicher sind, dass
sich der andere an die Vereinbarung hält, ist nur die erste Spalte der Tabelle
für uns relevant. Wir können also wählen, ob wir lieber einen Gewinn von 18,
19 oder 21 machen möchten; natürlich nehmen wir am liebsten den Gewinn von 21
und folglich werden wir – anstatt uns an die Abmachung zu halten – Strategie 3
wählen. Strategie 3 ist also beste
Antwort
auf Strategie a. Ebenso ist unsere Strategie 2 eine beste Antwort auf seine
Strategie c, denn wenn aus irgendwelchen Gründen sicher ist, dass der
andere Strategie c wählt, dann werden wir Strategie 2 wählen, um
unseren Gewinn zu maximieren (dass der andere in dieser Situation mehr bekommt
als wir, interessiert uns nicht, da wir auch diesmal nur an unserem eigenen
Gewinn interessiert sind und an sonst nichts).
Wenn man nun davon
ausgeht, dass sowohl wir als auch der andere einigermaßen clever ist, dann
zerstört sich eine Abmachung wie die Strategienkombination (1,a) von selbst,
weil beide einen Grund haben abzuweichen, wenn sie annehmen, dass sich der
jeweils andere daran hält. Das Kartell war also offenbar keine
Lösung des Spiels. Wie man leicht nachprüfen kann, gilt das Gleiche für die
meisten anderen Strategienkombinationen. – Gibt es aber auch Kombinationen,
die sich nicht selbst zerstören? Voraussetzung dafür ist, dass die zu wählenden
Strategien wechselseitig beste Antworten aufeinander sind. In dem Beispiel gibt
es tatsächlich eine solche Kombination, nämlich (2,b), beide engagieren sich mittel.
Man nennt eine derartige Strategienkombination strategisches
Gleichgewicht oder auch nach
seinem Erfinder Nash-Gleichgewicht
(seltener gibt es auch die Bezeichnung Cournot-Nash-Gleichgewicht
). Das strategische Gleichgewicht hat die Eigenschaft, dass sich kein Spieler
verbessern kann, indem er als Einziger von der Gleichgewichtskombination
abweicht.
Im Nash-Gleichgewicht
hat keiner der Spieler einen
Anreiz, als Einziger von der Gleichgewichtskombination abzuweichen; die
Spieler spielen wechselweise beste Erwiderungen. Das Nash-Gleichgewicht wird oft auch strategisches
Gleichgewicht genannt.
Diese Definition geht zurück auf John
Nash
1951, ein Vorläufer war Augustin Cournot
1838. – Der Name Nash-Gleichgewicht ist derzeit der weitaus gebräuchlichere
Name als strategisches Gleichgewicht. Aber letzterer ist gerade dabei, sich im
Englischen durchzusetzen und es ist daher wahrscheinlich, dass dies auch im
Deutschen passieren wird. Ohnehin wird in der Spieltheorie oft nur vom
Gleichgewicht oder Gleichgewichtspunkt gesprochen und damit implizit das
Nash-Gleichgewicht gemeint. Ich verwende die Begriffe Gleichgewicht,
Nash-Gleichgewicht und strategisches
Gleichgewicht meistens synonym.
Bei John Nash handelt es sich übrigens um den an
Schizophrenie erkrankten Mathematiker aus dem Film "A Beautiful Mind",
der trotz seiner Krankheit im Jahr 1994 den Nobelpreis für
Wirtschaftswissenschaften erhielt, und zwar insbesondere für die Definition des
eben vorgestellten Nach-Gleichgewichts. Der Nobelpreis wurde ihm gemeinsam mit Harsanyi
und Selten verliehen, auf deren Beiträge wir noch an späterer
Stelle ausführlich zu sprechen kommen werden.
Um Verwechslungen zu vermeiden: Es gibt ebenfalls von John
Nash die Nash-Verhandlungslösung
(Nash
1950), die sehr bekannt geworden ist, die aber vordergründig nichts mit
dem Nash-Gleichgewicht zu tun hat: Die Verhandlungslösung entstammt der
sogenannten kooperativen Spieltheorie, die in diesem Buch nicht behandelt wird.
Noch eine weitere Anmerkung ist wichtig: Das
Nash-Gleichgewicht ist für eine beliebige Spielerzahl definiert. Sie erinnern
sich: Obwohl wir bisher nur Zweipersonenspiele betrachtet haben, beschäftigt
sich die Spieltheorie generell mit n-Personen-Spielen.
Es gibt viele
wesentliche Argumente, die Gleichgewichtskombinationen gegenüber anderen
Strategienkombinationen auszeichnen, von denen ich Ihnen hier nur drei nenne:
Wenn die Spieler sich vor dem Spiel auf
eine Strategienkombination einigen, dann hat eine solche Einigung nur dann auch
wirklich Aussicht darauf, gespielt zu werden, wenn es sich um ein strategisches
Gleichgewicht handelt.
Wenn man versucht zu definieren,
welches Verhalten rational ist, dann kommen als Kandidaten für
Rationalverhalten nur Gleichgewichtsverhaltensweisen in Frage. Denn würde die
Rationalität ein ungleichgewichtiges Verhalten empfehlen, dann würde sie sich
aus sich selbst heraus zerstören. Allein die Vermutung, die anderen Spieler könnten
sich an einen derartigen Rationalitätsbegriff halten, müsste einen rationalen
Spieler dazu veranlassen, davon abzuweichen.
In vielen Situationen liegen
"blinde" Prozesse vor, in denen die Spieler keine Einsicht in die
eigentliche Spielsituation haben, sondern nach einem Versuch-und-Irrtum-Prinzip
handeln. Sofern solche Abläufe überhaupt jemals gegen ein stabiles Verhalten
(also eines, das auf Dauer von allen beibehalten wird) konvergieren, muss es
sich bei einem potentiellen stabilen Verhalten um ein Nash-Gleichgewicht
handeln.
Das Nash-Gleichgewicht,
dessen Grundidee wir hier schnell angerissen haben, ist der Kernpunkt der
Spieltheorie schlechthin; wenn man es genau nimmt, dreht sich fast alles um
diese eine Idee. Wir werden noch an den verschiedensten Stellen auf dieses
Gleichgewicht zurückkommen, soviel aber schon vorweg: Es ist eine der
genialsten Entdeckungen in den Sozialwissenschaften überhaupt. Sie gehört
sogar zu den ganz wenigen Ideen, die es geschafft haben, in die
Naturwissenschaften exportiert zu werden.
Bedauerlicherweise
reicht das Gleichgewichtskonzept nicht aus, um für jedes Spiel zu einer
eindeutigen Lösung zu gelangen, weil Spiele sehr oft mehrere Gleichgewichte
haben. Ein Großteil der neueren spieltheoretischen Grundlagenforschung beschäftigt
sich deshalb damit, Kriterien für mehr oder weniger sinnvolle Gleichgewichte zu
entwickeln, um möglichst viele als Lösungskandidaten
auszuschließen.
Zum Begriff des Gleichgewichts
Eine Anmerkung zu der Bezeichnung Gleichgewicht: Ursprünglich ist dieser Begriff aus der klassischen
Mechanik übernommen, inzwischen gibt es aber in den verschiedensten
Wissenschaftsdisziplinen Gleichgewichtsbegriffe, die im Wesentlichen ein
Kriterium gemeinsam haben: Befindet sich ein System im Gleichgewicht, so
entwickelt es keine Kräfte aus sich selbst heraus, um den Systemzustand zu ändern.
Daher wird ein System einen Gleichgewichtszustand beibehalten, solange keine ändernden
Kräfte von außen auftreten, das heißt, solange sich die Rahmenbedingungen
nicht ändern. Dieses Kriterium trifft auch genau auf das Nash-Gleichgewicht zu.
Auf jeden Fall muss man aufpassen, dass man das
Nash-Gleichgewicht nicht mit anderen Definitionen von Gleichgewichten
verwechselt, wie etwa dem Marktgleichgewicht (Gleichheit von Angebot und
Nachfrage), einem makroökonomischen Gleichgewicht (zum Beispiel im Sinne des
IS-LM-Schemas) oder dem thermodynamischen Gleichgewicht. Verwechslungen können
insbesondere dadurch leicht auftreten, dass in der spieltheoretischen Literatur
oft nur vom Gleichgewicht gesprochen wird, wenn eigentlich das
Nash-Gleichgewicht gemeint ist.
Dieser
Sachverhalt wird besonders dadurch interessant, dass die anderen Gleichgewichte
manchmal gleichzeitig ein strategisches Gleichgewicht sein können, aber nicht
sein müssen, und manchmal das strategische Gleichgewicht ein Ungleichgewicht
(in irgendeinem anderen Gleichgewichts-Zusammenhang) sein kann.
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