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Wieso ein Benzinpreis von 5 Euro richtig wäre und die Bahn gratis
sein sollte
Bevor Sie sich aufregen: Ich mag schnelle Autos und noch lieber
harte Enduros. Und ich weiß schon jetzt, dass ich von Politikern falsch
zitiert werde, falls mich jemand zur Kenntnis nehmen sollte. Aber das soll
einen ja nicht davon abhalten, die richtigen Überlegungen zumindest
einmal gemacht zu haben.
Autofahren ist etwas Tolles.
Besonders, weil man bei
jeder einzelnen Fahrt nur das Benzin der jeweiligen Fahrt einberechnen
muss – denn das Auto hat man ja sowieso und daher sind dessen Kosten für
die einzelne Fahrt nicht mehr entscheidungsrelevant. Das klingt zwar so,
als wäre da irgend etwas falsch, ist es aber nicht: Die Fixkosten für
das Auto sind Sunk-Costs ("versunkene Kosten"), die nicht mehr
in die Einzelentscheidungsfindung einberechnet werden müssen. Sie müssen
allenfalls einmal am Anfang jeden Jahres auf den Prüfstand, wenn die
Entscheidung ansteht, ob man das Auto behalten will oder es lieber
verkauft. Aber eben nicht bei jeder Fahrt.
Bei einer Bus-
oder Bahnfahrt ist das anders. Hier müssen die
Fahrscheinpreise die gesamten Kosten decken, also auch die versunkenen
Kosten. Damit vergleicht aber jeder potenzielle Bahnfahrer vor jeder Fahrt
die gesamten Kosten der Bahn mit einem Teil der Kosten für das Auto –
woraufhin das Auto natürlich besser abschneidet. Und das ist keine Milchmädchenrechnung,
sondern es handelt sich um eine vernünftige (also im spieltheoretischen
Sinn" rationale") Entscheidung, die sich einfach durch die Natur
der Entscheidungssituation ergibt.
Wie könnte man das ändern? Ganz einfach: Statt
eines variablen Fahrpreises könnte jeder Einwohner unabhängig von der
tatsächlichen Nutzung einen fixen Betrag für die Bahn zahlen und sie ab
da "gratis" nutzen, also ohne weitere variable Kosten. Das wäre
sozusagen eine "Bahn-Kopfsteuer" oder Zwangs-Flatrate, wie man
sie man heutzutage auch nennen könnte (wobei der gewiefte PR-Manager der
Bahn den Wortbestandteil "Zwang" lieber durch etwas
Wohlklingendes wie "Solidarität" ersetzen würde).
Aber Autofahren ist noch besser: Während man nämlich
den anderen Menschen die Luft verpestet, sie mit Lärm belästigt, sie gefährdet
und andere derartige Dinge tut, muss man nur das Benzin bezahlen. Zwar ist
darin eine Menge an Steuern enthalten (und zwar mit genau diesem
Argument), aber die Höhe deckt keineswegs alle externen Kosten, wie
es so schön heißt, wenn jemand Kosten verursacht, die andere bezahlen. In
der Spieltheorie kennt man die entstehende Situation als soziales Dilemma
(dessen einfachste Form das Gefangenendilemma ist, das Ihnen sicherlich
schon einmal in der einen oder anderen Form untergekommen ist). Folge
dieses Dilemmas ist, dass jeder mehr fährt als er es tun würde, wenn er
alle Kosten selber zu tragen hätte, denn dies ist eine dominante
Strategie.
Auch hier gäbe es eine einfache Lösung, mit
der man diesen Effekt beseitigen könnte: "Man" müsste alle
Kosten auf den Benzinpreis (oder auf die Straßenmaut) aufschlagen und
dann die Erlöse an diejenigen auszahlen, die den Schaden haben, also an
alle, die durch den Lärm belästigt werden, die im Wohngebiet nicht mehr
ihre Kinder auf die Straße schicken können und die in der Stadt die
Abgase einatmen. Und schon haben wir einen Benzinpreis von 5 Euro (ok, ich
habe ihn nicht nachgerechnet, aber auf jeden Fall wäre er sehr hoch), von
dem fast alles Steuern sind, die dann an alle Anspruchsberechtigten
ausgezahlt werden, sei es nun direkt oder indirekt, zum Beispiel in Form
von Verschönerungen der Straßen, durch bessere Verkehrsinfrastruktur
usw.
Aber wir wollen doch nicht noch mehr Steuern zahlen!
Stimmt. Deshalb ist hier die Geschichte auch noch
nicht zu Ende gedacht. Denn der derzeitige Benzinpreis befindet sich ja im
Rahmen einer Gesamtbelastung durch Steuern, und diese sollte sich durch
eine derartige Neuregelung nicht ändern. Wo könnte man also zeitgleich
die Abgaben senken, damit die Gesamtbelastung gleich bleibt? Und am besten
noch an einer Stelle, an die Änderung auch noch Vorteile aus
spieltheoretischer Sicht hat? Ein ganz heißer Kandidat dafür ist die
Einkommensteuer.
Man muss sich klar darüber sein, dass Steuern immer
wie eine Strafe auf die besteuerte Tätigkeit wirken, weil sie diese ja
verteuern. Wenn das so ist, dann kann man nicht so recht verstehen, wieso
wir eine Strafe auf Arbeit haben und diese nicht einfach durch eine Strafe
für Umweltverschmutzung ersetzen. Dieses Prinzip konsequent angewandt,
und wir könnten auch gleich alle anderen Formen der Umweltverschmutzung
besteuern und die Einkommensteuer im Gegenzug ganz abschaffen.
Natürlich würden einige Produkte durch diese
Umweltsteuer teuerer, aber andere könnten auch sehr viel billiger werden,
weil ja die Lohnkosten niedriger würden, indem – nach der Abschaffung
der Einkommensteuer - netto
mehr von den Löhnen bei den Arbeitern ankommt. Lohnintensive Produkte würden
also billiger. Als angenehmer Nebeneffekt würden durch die niedrigeren
Lohnkosten auch mehr Menschen eingestellt, die Arbeitslosenquoten würden
sinken. Natürlich würden umweltbelastende Produkte teurer, aber dadurch
würden wir sie weniger kaufen und die Umwelt würde sauberer. Ich lege
hier meine Hand dafür ins Feuer (was ich nicht oft anbiete), dass dies zu
einer sehr viel besseren Welt führen würde: sauberer, reicher und
sicherer.
Und wieso machen wir es dann nicht so?
Weil wir natürlich ganz schnell von der Realität
eingeholt würden. Die Politiker werden meinen Vorschlag toll finden, aber
nur den ersten Teil. Sie würden die Benzinsteuer erhöhen, aber die
Einkommensteuer lassen wie sie ist. Selbst wenn nicht, würden sie sich verrechnen und
am Ende mehr Geld aus unseren Taschen ziehen als jetzt. Denn es lebt sich
sehr bequem damit, das Geld anderer Menschen auszugeben, besonders dann,
wenn man damit gleich noch ein paar Zahlungen an diejenigen
Interessengruppen leisten kann, die überdurchschnittlich oft die eigene
Partei wählen oder in Zukunft wählen sollen. Genau diese kleinen
Nebeneffekte sind der Grund dafür, dass der Begriff Ökosteuer den
meisten Menschen das kalte Grauen ins Gesicht treibt.
Auch die Bahn würde meinen Vorschlag ganz toll
finden und das Geld genauso kassieren wie die öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalten, denn es ist sehr bequem, wenn jeder Mensch für ein
Produkt zahlen muss, ganz gleich, ob er es mag oder nicht. Leider würde
die Bahn dann noch weniger liefern als jetzt, weil sie ja keinerlei Anreiz
mehr hätte, dass wir wenigstens ein ganz kleines bisschen zufrieden mit
ihr sind.
Und deshalb vergessen wir den Vorschlag am besten
gleich wieder, erheben weiterhin eine Strafe auf Arbeit und leben in einer
ärmeren und dreckigeren Welt.
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