Robert Aumann’s Ideen

Im Gegensatz zu Thomas Schelling sind Aumanns Theorien mathematischer und damit weniger intuitiv. Aber eine seiner Ideen lässt sich auch intuitiv recht gut verstehen: die der korrelierten Strategien.

Wahrscheinlich kennen Sie das Hasenfuß-Rennen aus dem James-Dean-Film Denn Sie wissen nicht, was sie tun. Hier rasen zwei Jugendliche mit gestohlenen Autos auf eine Klippe zu; wer zuerst aus dem Auto herausspringt, hat verloren. Wer zu spät herausspringt, ist tot. Um die Situation für die Analyse etwas einfacher zu machen, stellen wir uns vor, die beiden fahren nicht auf eine Klippe zu, sondern

Die Spieltheorie hat für derartige Situationen eine klare Lösung parat: Immer

Korrelierte Strategien

Wenn wir uns die Auszahlung ausrechnen, die jedes der beiden Tiere bei dem gemischten Gleichgewicht zu erwarten hat (wir müssen hierfür nur die Einzelauszahlungen in Gleichung ( 3 ) einsetzen), dann erhalten wir den Wert von etwa 0,9. Überlegen Sie bitte einen Augenblick, was das bedeutet: Das Revier war 2 Einheiten wert und wenn es jeder mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,5 für sich erringen kann, dann sollte das Spiel eigentlich für jeden 1 Einheit wert sein. Dass das nicht so ist, liegt daran, dass die Möglichkeit zum ernsthaften Konflikt besteht, der die Auszahlungs­erwartung deutlich verringert. Die Lösung des gemischten Gleichgewichts führt also zu einem ineffizienten Ergebnis.

Ineffizienz bedeutet in diesem Zusammenhang, dass man mindestens einen Spieler besser stellen könnte, ohne die Situation eines anderen verschlechtern zu müssen. Wir kennen diesen Fall schon vom Gefangenen­dilemma: Auch dort hätten sich beide Spieler verbessern können, wenn sie einen bindenden Vertrag hätten schließen können, der sie auf die Strategie cooperate festlegt. Der Grund für die Ineffizienz im Gefangenendilemma war die Rahmenbedingung des nicht­kooperativen Designs. So auch hier: Für das „Wohl der Art“ wäre es besser, wenn die Tiere sich gemeinsam an einen Tisch setzen könnten um auszulosen, wer von den beiden das Revier erhalten soll; natürlich ist diese Idee für Tiere ziemlich unrealistisch, und außerdem müsste eine Instanz vorhanden sein, die den Vertrag durchsetzt, sich an die Losentscheidung zu halten. Denn der Verlierer weiß ja, dass seine Auszahlung 0 beträgt, wogegen er in dem Spiel als Erwartungswert 0,9 erhält; folglich wird er die Entscheidung nicht akzeptieren, sondern das Spiel – ineffizient wie es ist – bevorzugen, es sei denn, er würde zum Anerkennen der Losentscheidung gezwungen.

Einfach auszulosen, wer das Revier erhält, ist demnach nicht möglich. Strenggenommen ist allerdings das Mischen zwischen den StrategienTaube und Falke auch eine Art von Losen – mit dem Unterschied, dass nicht ein Los für beide gleichzeitig gezogen wird, sondern stattdessen jeder für sich allein lost und hofft, dass nicht zufällig beide gleichzeitig Falke ziehen. Dieser Fall kann natürlich jederzeit eintreten, weil die verwendeten Zufallsmechanismen unabhängig voneinander sind, das heißt, sie sind unkorreliert.

Besser wäre es, wenn die beiden Tiere einen gemeinsamen Zufallsmechanismus verwenden würden, weil dieser den Konfliktfall verhindert. Einfach gemeinsam losen funktioniert nicht, weil es sich für den Verlierer immer lohnt, von der Vereinbarung abzuweichen, das heißt, diese Methode ist kein Gleichgewicht. Wenn es aber eine übergeordnete Instanz gäbe, die den Zufallsmechanismus ausführt und das Ergebnis den Teilnehmern mitteilt, dann ist wieder ein Gleichgewicht entstanden. Denn, wenn Spieler A weiß, dass die übergeordnete Instanz der Spielerin B mitgeteilt hat, sie solle Falke spielen, dann kann er nichts besseres tun, als Taube zu wählen und umgekehrt. Beide würden sogar dieses Gleichgewicht dem unkorrelierten gegenüber vorziehen, sofern das verwendete Mischungsverhältnis so beschaffen ist, dass sich keiner durch seine unkorrelierte Strategie verbessern kann.

Man nennt ein derartiges Gleichgewicht ein Gleichgewicht in korrelierten Strategien, ein Konzept, das von Robert Aumann vorgeschlagen wurde (Aumann 1974).

Die Idee ist insofern sympathisch als sie den ineffizienten Konfliktfall vermeidet und sie ist aus normativer Sicht auch schwer anzugreifen. Für die Beschreibung realer Situationen, also aus deskriptiver Sicht, ist allerdings nicht ganz klar, ob es genügend geeignete Zufallsmechanismen gibt, die eine geeignete Mischung bilden, sodass sich für keinen der Spieler eine Abweichung auf die unkorrelierte Strategie lohnt, zumal diese Mischung mitunter sehr genau sein muss. Weiterhin ist es schwierig, sich vorzustellen, wie sich das Gleichgewicht herausbilden soll, bei dem mehrere unabhängige Individuen gerade denselben Zufallsmechanismus beobachten müssen, wobei die Zufalls­mechanismen teilweise recht seltsamer Natur sein können, wie zum Beispiel, mit welcher Seite ein herunterfallendes Herbstblatt auf dem Boden ankommt, oder ob ein Sonnenfleck auftritt oder nicht. Hierher stammt übrigens die Bezeichnung Sunspot Modelle , auf die man in der Volkswirtschaftslehre gelegentlich stößt. Deskriptiv ist daher dieses Konzept im Wesentlichen dann sinnvoll, wenn eine bewusst handelnde Instanz den Zufallsmechanismus verwaltet, um Rahmenbedingungen zu schaffen, die Ineffizienzen vermeiden.

Allerdings gibt es auch Fälle, in denen sich ein korreliertes Gleichgewicht bereits durch Kommunikation stabilisieren lässt. Nehmen wir das Battle of the Sexes aus Abbildung  12 : Ohne jegliche Vorinformation über das Verhalten des anderen Spielers kommt nur ein gemischtes Gleichgewicht in Frage. Hier ist es offensichtlich, dass im Gleichgewicht jeder seine beiden Strategien mit jeweils 50% wählt, das heißt, die erwartete Auszahlung beträgt 0,75. Würden die beiden vor dem Spiel eine Münze werfen, so wäre die Auszahlung sogar für den Verlierer des Münzwurfs mit 1 höher als im gemischten Gleichgewicht und folglich hätte er ein Eigeninteresse, sich an die so getroffene Vereinbarung zu halten.

Das Konzept des Gleichgewichts in korrelierten Strategien ist von außerordentlich weitreichender Bedeutung. Man kann dies schon daran erkennen, dass es das Nash-Gleichgewicht in unkorrelierten, gemischten Strategien formal als Spezialfall enthält (denn unkorreliert bedeutet schließlich, dass der Korrelationskoeffizient den speziellen Wert von null hat). In der Literatur hat sich eine umfangreiche Diskussion um dieses Konzept entwickelt und es spielt eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der Behandlung von unvollständiger Information (Seite 124 ), auf die ich allerdings nicht näher eingehe. Weiterhin folgt es aus sehr elementaren Annahmen über rationales Verhalten, wie Aumann1987 zeigt.

 

Ich möchte an dieser Stelle auch auf meine Erfahrungen mit echten Menschen in meinen Vorlesungen und Seminaren hinweisen: In Kampf-der-Geschlechter-Situationen mit einfachen Zahlen entwickeln die Teilnehmer sehr oft eine Koordination auf abwechselndes Verhalten und gelangen damit zu einer symmetrischen und effizienten Lösung. Allerdings ist dafür wichtig, dass die Gleichgewichtsmischung eine 50%-Mischung vorschreibt. Bei anderen Mischungsverhältnissen ist eine spontan auftretende Korrelation praktisch ausgeschlossen.

 

Das Konzept der korrelierten Strategien ist sehr wichtig und hat eine große Bedeutung erlangt. Gemessen daran ist die Schilderung hier sehr kurz ausgefallen. Eine Darstellung auf Lehrbuchniveau finden Sie in Fudenberg / Tirole 1991.

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